Von Tatzen umfangen

Heute möchte ich Ihnen einen Mitbewohner vorstellen, der animalische Züge aufweist: „Papa Bär“ von Hans J. Wegner (1914-2007) aus dem Jahr 1951. Ein Journalist behauptete einst, der darin Sitzende sähe aus wie von Bärentatzen umschlungen. Einerseits eine schaurige Vorstellung, andererseits durchaus positiv besetzt. Erzeugt nicht die Form der Armlehnen ein Gefühl von Geborgenheit?

Als der „Bamsestol AP 19“, wie er eigentlich heißt, angeliefert wurde, waren mir derartige tierische Bezüge jedoch erst einmal fremd. Zunächst sah ich nichts anderes als Muster, spektakuläres Muster! Schwarze und beige Zacken wucherten wild über Rückenlehne und Sitzfläche. Durchaus befremdlich für unsere Augen, aber dennoch ein Zeugnis der damaligen Zeit.

Aber auch wenn das Dekor zunächst in Auge springt, stand für Hans J. Wegner eindeutig der Sitzkomfort im Vordergrund. Er hatte den Anspruch, einen modernen Ohrensessel zu entwerfen, der geringere Dimensionen als herkömmliche Modelle aufweist und der vor allem bequem sein sollte. Die Armlehnen sind nicht mit der Sitzfläche verbunden, was große Beweglichkeit innerhalb der Sitzschale ermöglicht. Bei der Materialauswahl blieb Wegner eher traditionell: Das mit Wollstoff tapezierte Gestell sowie die "Bärentatzen" sind aus Eschenholz. Wären letztere mit Stoff bezogen, wären sie sehr schnell abgegriffen.

Erlauben Sie mir, an dieser Stelle kurz auf die unterschiedlichen Sitzkulturen einzugehen. In Skandinavien – mein Mitbewohner ist Däne - herrschen bekanntlich geringere Durchschnittstemperaturen als in Südeuropa. Demzufolge findet das Sitzen zu großen Teilen im Haus statt und nicht vor der Tür im Freien. Ich kann mir also durchaus vorstellen, dass Papa Bär zur Behaglichkeit im Kaminzimmer beiträgt - bequem, aber mitnichten behäbig!

Weitere Geschichten über meine Mitbewohner finden sie hier.

Herzlichst, Teodora
1. Stuhl der SAMMLUNG WERNER LÖFFLER

 

Falls Sie nun mehr über Hans J. Wegner und Papa Bär (Papa Bear Chair / Teddy Bear Chair) erfahren möchten, habe ich hier ein paar Anregungen für Sie:

 

Weblinks:

 

Literatur:

  • Bernsen, Jens: Hans J Wegner, Dansk design center, København. 2001.
  • Blond, Anne: Hans J. Wegner, The Art Museum, Tønder. 2014.
  • Holmsted Olesen, Christian: Hans J. Wegner: Just One Good Chair, Hatje Cantz Verlag, Berlin. 2014.

 

Simone Krach-Kestin M.A.
Kuratorin der SAMMLUNG WERNER LÖFFLER

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